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Autonomes Fahren - Ein interdisziplinäres Problem

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Ein faszinierender Aspekt neuer Technologien ist die Vielfalt an möglichen Herangehensweisen. Das überlappungsfreie Nebeneinander verschiedenster Wissenschaften scheint sich im Diskurs über moderne Technik vollends aufzulösen. Sehr gut deutlich wird dies am Beispiel der Autonomisierung von Fahrzeugen. Ähnlich wie in anderen Bereichen der digitalen Technik, bemerken wir eine rasante Entwicklung. Was vor zwanzig Jahren als Science Fiction galt und vor zehn Jahren eine durchaus mögliche, aber noch nicht machbare Zukunftsvision war, ist heute Realität.

Es geht um mehr als um technische Machbarkeit

Wenn wir diese Technologie diskutieren, bemerken wir schnell, dass es dabei nicht nur um technische Machbarkeit geht. Tatsächlich haben wir uns bereits, der Digitalisierung sei Dank, daran gewöhnt, dass solche Technologien keine weit entfernten Zukunftsszenarien mehr sind, sondern bereits Einzug in unser tägliches Leben gehalten haben. Umso mehr fragen wir danach, welche gesellschaftlichen, moralischen und ökonomischen Dimensionen diese Thematik hat. Darüber hinaus zwingt uns der Diskurs dazu, über unsere eigene Natur, unsere moralischen Normen und unser Selbstverständnis sowie über den Umgang mit unseren Gewohnheiten nachzudenken.

Deutlich wird gerade der letzte Punkt anhand eines noch recht jungen Beispiels. Der US-Konzern Uber testet nun bereits seit einiger Zeit autonome Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen. Anfang des Jahres kam es allerdings zu einem Unfall, bei dem eine 49-jährige Fußgängerin tödlich verletzt wurde. Die Empörung in den Medien war groß, einige prophezeiten bereits das Ende dieser neuen Technologie. Mittlerweile hat Uber die Testfahrten vorerst eingestellt und möchte diese erst fortsetzen, wenn die Technik zuverlässiger geworden ist.

So tragisch dieser Zwischenfall auch ist, so ist die Empörung darüber bei genauerem Hinsehen durchaus verwunderlich. Die täglichen Unfälle auf den Straßen Deutschlands finden in der Regel, wenn überhaupt, nur im Lokalteil von Tageszeitungen Erwähnung. Dass Menschen im Straßenverkehr sterben, ist für uns nichts Neues und beinahe so alltäglich, dass Meldungen über solche Vorfälle höchstens als Randnotiz stattfinden. Auch lösen diese Vorfälle keinen Sturm der Entrüstung aus, und die wenigsten fordern die häufigste Unfallursache, den Menschen, aus dem Straßenverkehr zu verbannen.

Idealisierte Vorstellung von Technik

Wir scheinen also maschinelles und menschliches Versagen in diesem Zusammenhang unterschiedlich zu bewerten. Der Grund dafür könnte darin liegen, dass wir eine idealisierte, perfektionistische Vorstellung von Technik haben. Wir wissen, dass der Mensch jede Menge Unzulänglichkeiten hat und dazu neigt, Fehler zu machen. Von Maschinen erwarten wir aber, besser zu sein als wir selbst. Sie sollen fehlerfrei sein. Bedenkt man allerdings, dass die Konstrukteure dieser Maschinen selbst Menschen und damit fehleranfällig sind, erscheint diese Forderung nur schwer zu erreichen.

Darüber hinaus muten wir selbstfahrenden Autos Entscheidungen zu, die wir den allermeisten Menschen nicht überlassen würden. Welcher Mensch kann von sich behaupten, zweifelsfrei die richtige Entscheidung zu treffen, wenn es darum geht, abzuwägen, welches Individuum bei einem unvermeidbaren Unfall zu verschonen ist? Das altbekannte Trolley-Problem, welches in diesem Zusammenhang nur allzu gern bemüht wird, zeigt uns, dass diese Problematik, welche wir als Menschheit auch nach jahrhundertelangem Diskurs noch nicht gelöst haben, keineswegs auf der technologischen, sondern auf einer moralischen Ebene liegt.

Im Kern stehen sich hier zwei unterschiedliche Denkrichtungen gegenüber. Zum einen die angloamerikanische Moraltheorie des Utilitarismus, zum anderen die, vor allem in Kontinentaleuropa populäre, deontologische Moraltheorie Immanuel Kants. Diese beiden Modelle stehen sich zum Teil diametral gegenüber, und obwohl sie seit mehreren Jahrhunderten diskutiert werden, haben wir bis heute keinen globalen Konsens erreichen können, welcher Weg nun der richtige ist. Wie können wir also erwarten, dass eine Technologie dieses fundamentale Problem lösen könnte?

Berücksichtigung kultureller Unterschiede als Ausweg?

Eine mögliche Antwort darauf ist, dass es gar nicht notwendig ist, diese Frage zu beantworten. Kulturelle Unterschiede haben sich auch immer in der Konzeption und Nutzung von Technologie niedergeschlagen, ohne größere Probleme zu verursachen. Das angloamerikanische Maßsystem steht zwar häufig in der Kritik, der normale amerikanische Bürger kommt aber wunderbar durchs Leben, obwohl er seine Cola gallonenweise statt literweise trinkt. Ähnliches wäre auch bei den autonomen Fahrzeugen denkbar. Während VW deontologische Autos baut, produziert Ford seine Vehikel eben nach einem utilitaristischen Modell.

In der Folge ergeben sich natürlich rechtliche Fragen. Wäre ein utilitaristisches, selbstfahrendes Auto von Ford auf den Straßen des kantianisch geprägten Deutschlands zugelassen? Müsste Tesla deontologische Modelle für den europäischen Markt anfertigen? Befürworter des freien Marktes könnten argumentieren, dass der Kunde entscheiden müsse, welches Modell er fährt. Die meisten Kunden würden bei dieser Entscheidung vermutlich zu allererst auf ihre eigene Sicherheit achten. Wenn sie auf dem freien Markt kein Modell finden, welches ihnen garantiert, in einer Unfallsituation immer die Insassen des Fahrzeuges zu schützen, könnte der Schwarzmarkt einspringen.

Tunings in der Autoszene sind ein beliebtes Phänomen, auch wenn sie teilweise durchaus vernünftige Vorschriften und Gesetze missachten. Es wäre also denkbar, dass Besitzer autonom fahrender Autos den eingebauten Algorithmus derart tunen lassen, dass er das Wohlergehen der Insassen höher einordnet als das von anderen Verkehrsteilnehmern. Diese Gedankenspiele zeigen, wie wichtig es ist, neue Technik interdisziplinär zu hinterfragen. Dabei ist es wichtig, kritisches Hinterfragen nicht mit Konservatismus oder Technologieaversion zu verwechseln.

Moderne digitale Technik bietet viele Möglichkeiten, das Leben der Menschen zu verbessern. Ganz nebenbei bringt uns das Nachdenken über Techniken wie autonomes Fahren dazu, über uns selbst zu reflektieren und Erkenntnisse über unsere menschliche Natur zu sammeln. Echte Fortschritte können dabei nur gelingen, wenn Wissenschaftler und Laien in einen gemeinsamen Dialog treten. Ob Ingenieure, Soziologen, Wirtschaftsinformatiker, oder Philosophen, alle müssen die sicheren Blasen ihrer Arbeitszimmer verlassen und sich zusammen an die Arbeit machen.


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